Rede zur Verleihung des Käte-Duncker-Preis 2024

Herzlich Willkommen zur Verleihung des Käte Dunker Frauenpreises 2024!

Ich freue mich sehr, dass Sie und Ihr hier seid, um mit uns auch in diesem Jahr engagierte Frauen und Projekte für ihr Eintreten für Gleichstellung, Emanzipation und Selbstbestimmung zu würdigen.

„Jetzt oder nie muss versucht werden, all die Güter der Kultur und der Technik, die bis jetzt nur einer kleinen Minderheit zugute gekommen sind, der ganzen Menschheit dienstbar zu machen.“ Mit diesem kurzen Zitat machte Käte Duncker – die Namensgeberin unseres Preises – klar, dass sie eine engagierte Verfechterin gleicher Rechte und einer guten Bildung war, die allen Menschen, gleich welcher Herkunft, welchen Geschlechts zu Gute kommen sollte. Gleicher Zugang zu Bildung, Gleichheit in den Rechten und Gleichheit in den Chancen – das war ihr Credo. Aber eben und das ist ein entscheidender Unterschied den auch heute noch viele Konservative nicht verstehen, keine Gleichmacherei: „Gewiss, es wird auch in Zukunft Unterschiede geben, aber nur die Unterschiede der persönlichen Begabung, nicht mehr die Unterschiede des Geldes und der Erziehung.“

Bildung, das war für Käte Duncker ein wichtiges Instrument, um Schritt für Schritt mehr Gerechtigkeit in einer ungerechten Welt zu schaffen – für Menschen aus der Arbeiterinnen- und Arbeiterklasse, aber eben auch und gerade für Frauen. Bildung, das war für sie ein Weg zu einem besseren Leben - ein wichtiges Instrument, um Chancen zu eröffnen und jedem Kind die bestmögliche Welt zu ermöglichen. Bis heute hängt in unserer Gesellschaft der Bildungsweg eines Kindern stark davon ab, über welches Einkommen und welchen Bildungsstatus die Eltern verfügen. Das wissen alle, die selbst im Bildungsbereich tätig sind und das zeigen auch immer wieder Studien. Um es etwas einfacher zu sagen: Welche Chancen ein Kind im Leben hat, das hängt weiterhin ganz banal auch davon ab, was im Geldbeutel der Eltern ist und was die Eltern selbst an Bildung genossen haben. Gibt es für die Kinder extra Musik-Unterricht und Sport? Können die Eltern Zugang zu zusätzlicher Bildung ermöglichen? Gibt es genug Unterstützung, Zeit und Ruhe für Hausaufgaben und Lernen? Und auch die Frage ist wichtig: Mit welchem Selbstvertrauen und mit welcher Sicherheit können die Eltern und die Familien durchs Leben gehen? Steht ihnen die Welt offen - oder muss man sich ständig Sorgen machen? Sorgen vor der nächsten Mieterhöhung, Belastungen durch überlanges Arbeiten, Sorgen ob ein Urlaub drin ist…

1906 befasste sich Käte Duncker mit der Frage der Kinderarmut in Deutschland und ihrer Bekämpfung. Kinderarmut, zu dieser Zeit ein massives Problem. 1906, das ist nun bald 100 Jahre her. 100 Jahre, in denen unsere Gesellschaft Zeit und Möglichkeiten gehabt hätte, alles zu tun, damit kein Kind in unserem eigentlich so reichen Land morgens ohne Frühstück oder Schulbrot zur Schule gehen müsste und damit kein Kind unter Bedingungen aufwächst, die nicht kindgerecht sind.

Doch die Realität heute in Deutschland: 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Zwei - Komma - Zwei - Millionen Kinder – diese Zahl muss man sich einmal vor Augen halten! Das sind bundesweit etwa so viele Kinder und Jugendliche, wie Thüringen insgesamt Einwohnerinnen und Einwohner hat!

Und hier schließt sich der Kreis: Denn die Studien zeigen eindeutig, dass ein klarer Zusammenhang zwischen Armutsgefährdung bei Kindern und Jugendlichen und dem Bildungsstand der Eltern besteht. So liegt die Armutsgefährdungsquote bei den unter 18- Jährigen deutlich höher, wenn die Eltern über einen niedrigen Bildungsabschluss verfügen. Bildung kann also neben einer besseren Sozialpolitik ein Weg sein, um Kindern und Familien ein besseres Leben zu ermöglichen. Und wenn wir heute wieder das Säbelrasseln einer vor Kriegsfreude taumelnden Bundesregierung hören, müssen wir uns die Notwendigkeiten einer wirklichen gesellschaftlichen Sicherheit noch einmal deutlich vor Augen führen.

Käte Duncker - 1871 geboren und zum Teil hier in Thüringen aufgewachsen - trat in einer Zeit von tiefster Ungleichheit mit Überzeugung und Vehemenz für eine moderne Vorstellung von Bildung ein. Zwar klingen ihre Worte aus heutiger Sicht ein wenig aus der Zeit gefallen. Ganz klar, sie stammen aus einer ganz anderen Zeit. Aber sie sind bis heute wert, gehört, gelesen und bedacht zu werden. Sie sind weiterhin eine Erinnerung daran, was unser Ziel sein muss – eine Schule für alle, eine Schule für längeres gemeinsames Lernen. Bei Käte Duncker klang das so: „Wir verlagen die Einheitsschule! Nicht mehr soll wie bisher der sechsjährige Adels-Sprössling von vornherein für die höhere Schule, das Arbeiterkind für die Gemeindeschule bestimmt sein, ohne jede Rücksicht auf ihre geistige Begabung.“

Für uns als Linke ist bis heute klar: Bildung muss von der Krippe bis zum Meister beitragsfrei sein. Bildung muss für alle zugänglich zu sein – und das heißt eben auch: Kindergärten und Schulen müssen im Ort sein, müssen erreichbar sein. Und es genauso klar muss sein: Bildung endet nicht mit dem Schulabschluss, der Prüfung nach Ausbildung oder Studium. Bildung begleitet uns lebenslänglich und grade Angebote für Erwachsene und außerschulische Bildung für Jugendliche sind in dieser Zeit von Rechtsruck, Fake-News und Kriegs-Rhetorik wichtiger denn je.

Unsere Landesregierung hat hier eine Reihe von wichtigen Schritten unternommen, auf die unsere Namensgeberin sicherlich stolz wäre: Mehr Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen oder beitragsfreie Jahre an den Kindergärten, das waren und sind Entscheidungen, die heute hier in Thüringen bessere Bildung möglich machen.

Aber mit Blick auf das Leben von Käte Duncker in der Arbeiterbewegung will ich auch noch einen anderen Schritt in Erinnerung rufen: Es war unsere rot-rot-grüne Landesregierung die als eines der ersten Gesetze endlich den Bildungsurlaub für Beschäftigte einführte. Das Recht auf gemeinsames Lernen während der Arbeitszeit, dafür haben Gewerkschaften und Beschäftigte jahrzehntelang gekämpft. Die CDU hatte das hier in Thüringen immer verhindert – bis heute stellen sich Bayern und Sachsen quer, in ihren Ländern dieses Recht zu gewähren. An solchen Beispielen zeigt sich: Es ist nicht egal, wer regiert. Wir können gemeinsam die Welt und unsere Gesellschaft Stück für Stück verändern und verbessern. Käte Duncker ging diesen Weg. Sie klagte die großen Ungerechtigkeiten wort- und schriftgewaltig an. Sie war als Feministin, als Kriegsgegnerin, als aktive KPD-Politikerin und kurzzeitige Abgeordnete im Thüringer Landtag eine deutliche Stimme gegen den Kapitalismus, gegen Ausbeutung und die Unterdrückung von Frauen. Aber als Praktikerin, Vortragsrednerin und als Lehrerin war ihr klar, dass es auch immer konkrete Verbesserungen im Hier und Jetzt bedurfte.

Käte Duncker – seien wir ehrlich – war Vorbild. Sie stürzte sich bereits zu einer Zeit in die Politik und die Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung, als Frauen noch kein Wahlrecht hatten und als politisches Engagement von Frauen noch einmal ganz anders als heute behindert und verhidert wurde. Sie organisierte bereits vor über 100 Jahren thüringen- und weltweite Frauenkonferenzen mit, um Frauen für das Eintreten ihrer Interessen zu ermutigen. Als Lehrerin und Politikerin ve stand sie es, sofortige Not zu lindern und damit konkrete Verbesserungen für an Hunger und Armut leidenden Frauen zu bewirken und gleichermaßen strukturelle Missstände aufzubrechen. Eine Schulspeisung, die Einrichtung von Kinderheilanstalten, Bekleidung für bedürftige Kinder und eine Reform der Volksschulen waren Forderungen und Vorschläge, die sie vorbrachte. Mit ihrer Politik stand sie beispielhaft für die notwendige Verbindung von Wort und Tat.

„Man kann sagen, was man will, auf den Frauen lastet doch das soziale Elend mit doppelter Wucht.“ Liebe Anwesende, liebe Gäste! Dieses Zitat von Käte Duncker brauche ich hier niema dem erklären – es gilt bis heute. Daher ist es so wichtig, dass Sie und wir weiterhin und immer wieder für Gleichstellung, Emanzipation und körperliche Selbstbestimmung eintreten – Tag für Tag!

Seit nun bald fünfzehn Jahren verleihen wir als Thüringer Linke jährlich einen Preis für engagierte Frauen und Initiativen. Anlässlich des internationalen Frauentages am 8. März wollen wir damit Menschen, Projekte, Initiativen und Vereine würdigen und stärken. Noch immer sind Frauen – aber wem sage ich das hier in dieser Runde?! - bei der Vergabe von Ehrungen und Würdigungen gegenüber Männern allzu oft unterrepräsentiert. Das wollen wir mit unseren Möglichkeiten ändern, da wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass Ihr Engagement, ihre notwendige und wichtige Arbeit gesehen wird.

Wir wollen also mit der heutigen Veranstaltung und der Preisverleihung Danke sagen!
Und wir wollen zum Engagement ermutigen!